8. März 2021 – feministischer Kampftag – queer, radikal, transnational
Und wieder ist der 8. März! Hier findet ihr unseren Redebeitrag bei der Demo zum internationalen feministischen Kampftag in Frankfurt.
Wir sind SUQ, solidarisch, unaufgefordert, queer, und sehen uns als queere Gruppe als Teil feministischer Kämpfe.
Wir streiten für eine gerechte Verteilung von Macht und Ressourcen.
Für sexuelle, geschlechtliche und reproduktive Rechte.
Für ein selbstbestimmtes Leben ohne Gewalt.
Unser Feminismus ist geschlechtlich divers, intersektional und transnational.
Vor einer Woche haben wir mit Aktivist_innen aus Polen eine Diskussion geführt zu queerem und feministischem Widerstand in Polen und Deutschland. Die Geschichten und Erfahrungen der Aktivist_innen haben uns tief bewegt. Seitdem rechte Kräfte in Polen ihre Macht weiter ausgebaut haben, müssen Queers und Feministi_innen täglich kämpfen – und zwar um ihr Leben. Wie eine der Aktivist_innen es formulierte: „to survive or not to survive“ – das ist die Frage.
Über 100 Orte in Polen haben sich inzwischen zu sogenannten “LGBT-freien Zonen” erklärt. Queers sind dort nicht willkommen. 2015 kam die PiS-Partei mit fast 40 % der Stimmen in die Regierung, für die Homo- und Transphobie ein wesentlicher Teil ihrer Ideologie ist. Seitdem erleben queere Menschen zunehmend Angriffe – im privaten und öffentlichen Raum.
Im Januar dieses Jahres ist ein neues Abreibungsgesetz in Polen in Kraft getreten – ein Gesetz, das letztlich auf ein totales Abtreibungsverbot hinausläuft und eines der strengsten in Europa ist. Trotz dieses bedrohlichen politischen Klimas gehen Aktivist_innen immer wieder auf die Straße. Sie demonstrieren auf CSDs gegen Homo-, Inter- und Transfeindlichkeit und auf Protestzügen gegen das neue Abtreibungsgesetz. Sie schaffen öffentliche Formen des Widerstands, wie zum Beispiel die kreative Veränderung von Denkmälern.
Und auch auf juristischer Seite gibt es progressivere Stimmen in Polen:
Am zweiten März wurden drei Aktivistinnen im “Regenbogen-Madonna-Prozess” freigesprochen. Elzbieta Podleśna, Joanna Gaztea-Iskandar und Anna Prus hatten im April 2019 Plakate und Aufkleber rund um eine Kirche angebracht, auf denen die berühmte “Schwarze Madonna von Tschenstochau” mit Regenbogen-Heiligenschein zu sehen war. Damit wollten sie auf die Homofeindlichkeit der Kirche aufmerksam machen. Wegen der vermeintlichen Beleidigung religiöser Gefühle wurden sie angeklagt. Wir gratulieren den Genoss_innen, dass sie einen Freispruch erkämpft haben!
Doch nicht nur in Polen, auch in Deutschland gab es in den vergangenen Jahren einen Aufschwung von Anti-Queer-Netzwerken wie der “Demo für Alle”, bei der rechte und christliche Gruppen bundesweit Protest organisierten, und ein verstärktes Engagement von Abtreibungsgegner_innen – ob bei Mahnwachen vor der profamilia-Beratungsstelle in Frankfurt oder im Zuge der Klage gegen die Gießener Gynäkologin Kristina Hänel, die auf Grundlage des Paragraphen 219a zu einer Geldstrafe wegen sogenannter „Werbung für Schwangerschaftsabbrüche“ verurteilt wurde. Sie will nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Wir müssen bundesweit queeren und feministischen Protest zu ihrer Unterstützung organisieren!
Die Situationen und die Lebensmöglichkeiten von FrauenLesbenInterNichtBinärTrans in Deutschland und Polen unterscheiden sich – doch die Gegner sind dieselben: Patriarchat, Sexismus, Kapitalismus, Rassismus, Hetero- und Cisnormativität! Und gerade weil sich Handlungsmöglichkeiten derzeit unterscheiden, ist für uns das Bilden von Banden und transnationalen solidarischen Bündnissen wichtiger denn je.
Wir können Vernetzungen mit queeren und feministischen Aktivist_innen suchen. Sie zu unseren Veranstaltungen einladen und voneinander lernen.
Wir können Demonstrationen und Aktionen unterstützen – digital und direkt vor Ort.
Das neue Abtreibungsgesetz hat zur Folge, dass schwangere Menschen aus Polen, die sich zu einer Abtreibung entschließen, transnationale Wege gehen müssen – unter anderem nach Deutschland. Wer Platz hat, kann Schlafplätze anbieten.
Wir leben im Kapitalismus – auch finanzielle Unterstützung queer-feministischer Strukturen ist bedeutsam! Wir wollen dabei nicht nur individuelle Spendenanrufe teilen. In Deutschland gibt es viele Stiftungen und Förderungen. Organisiert ein Event und leitet die Gelder um an lokale Initiativen, denn unserer polnische Genoss_innen wissen selber am besten was sie brauchen!
Wir wünschen uns allen einen kämpferischen und solidarischen 8. März! Denn gemeinsam sind wir niemals alleine!